Nach Hegel ist die Person, die sich vom Rest der Welt unterscheidet, schon mit jeder ersten Erfahrung gegeben. So könnte man jedenfalls die folgende Passage auffassen:
Das Wissen, welches zuerst oder unmittelbar unser Gegenstand ist, kann kein anderes sein als dasjenige, welches selbst unmittelbares Wissen, Wissen des Unmittelbaren oder Seienden ist. Wir haben uns ebenso unmittelbar oder aufnehmend zu verhalten, also nichts an ihm, wie es sich darbietet, zu verändern und von dem Auffassen das Begreifen abzuhalten.
Der konkrete Inhalt der sinnlichen Gewißheit läßt sie unmittelbar als die reichste Erkenntnis, ja als eine Erkenntnis von unendlichem Reichtum erscheinen, für welchen ebensowohl, wenn wir im Raume und in der Zeit, als worin er sich ausbreitet, hinaus-, als wenn wir uns ein Stück aus dieser Fülle nehmen und durch Teilung in dasselbe hineingehen, keine Grenze zu finden ist. Sie erscheint außerdem als die wahrhafteste; denn sie hat von dem Gegenstande noch nichts weggelassen, sondern ihn in seiner ganzen Vollständigkeit vor sich. Diese Gewißheit aber gibt in der Tat sich selbst für die abstrakteste und ärmste Wahrheit aus. Sie sagt von dem, was sie weiß, nur dies aus: es ist; und ihre Wahrheit enthält allein das Sein der Sache; das Bewußtsein seinerseits ist in dieser Gewißheit nur als reines Ich; oder Ich bin darin nur als reiner Dieser und der Gegenstand ebenso nur als reines Dieses. Ich, dieser, bin dieser Sache nicht darum gewiß, weil Ich als Bewußtsein hierbei mich entwickelte und mannigfaltig den Gedanken bewegte. Auch nicht darum, weil die Sache, deren ich gewiß bin, nach einer Menge unterschiedener[82] Beschaffenheiten eine reiche Beziehung an ihr selbst oder ein vielfaches Verhalten zu anderen wäre. Beides geht die Wahrheit der sinnlichen Gewißheit nichts an; weder Ich noch die Sache hat darin die Bedeutung einer mannigfaltigen Vermittlung, Ich nicht die Bedeutung eines mannigfaltigen Vorstellens oder Denkens, noch die Sache die Bedeutung mannigfaltiger Beschaffenheiten, sondern die Sache ist; und sie ist, nur weil sie ist; sie ist, dies ist dem sinnlichen Wissen das Wesentliche, und dieses reine Sein oder diese einfache Unmittelbarkeit macht ihre Wahrheit aus. Ebenso ist die Gewißheit als Beziehung unmittelbare reine Beziehung; das Bewußtsein ist Ich, weiter nichts, ein reiner Dieser; der Einzelne weiß reines Dieses oder das Einzelne.
An dem reinen Sein aber, welches das Wesen dieser Gewißheit ausmacht und welches sie als ihre Wahrheit aussagt, spielt, wenn wir zusehen, noch vieles andere beiher. Eine wirkliche sinnliche Gewißheit ist nicht nur diese reine Unmittelbarkeit, sondern ein Beispiel derselben. Unter den unzähligen dabei vorkommenden Unterschieden finden wir allenthalben die Hauptverschiedenheit, daß nämlich in ihr sogleich aus dem reinen Sein die beiden schon genannten Diesen, ein Dieser als Ich und ein Dieses als Gegenstand, herausfallen. Reflektieren wir über diesen Unterschied, so ergibt sich, daß weder das eine noch das andere nur unmittelbar, in der sinnlichen Gewißheit ist, sondern zugleich als vermittelt; Ich habe die Gewißheit durch ein Anderes, nämlich die Sache; und diese ist ebenso in der Gewißheit durch ein Anderes, nämlich durch Ich.1
Aber worin besteht dieser Unterschied? Welche Person ist es, die, diese Erfahrung macht und wodurch unterscheidet sie sich von ihrer Umgebung?
Sobald man den Unterschied zwischen seinem Körper und den anderen Dingen kennenlernt, können diese Fragen beantwortet werden. Erst recht nach der Begegnung mit anderen Menschen.
Aber davor? Wie soll man wissen, wer überhaupt ich sein soll und dass dieses Ding da nicht ich bin, bevor man z.B. feststellt, dass man Berührungen des eigenen Körpers im Gegensatz zu Berührungen des anderen Dings spürt? Ermöglicht nicht erst diese vorsprachliche Erfahrung die dann als der Punkt auf dem i darauf folgende Unterscheidung zwischen "ich" oder allgemein "Person" (als Körper plus Erleben) und "das da"?
Wir stellen auch weitere Zusammenhänge zwischen unserem Erleben und körperlichen Zuständen fest, z.B. dass wir mit geschlossenen Augen nichts mehr sehen.
Und wir können durch unseren Körper unmittelbar handeln, während wir andere Dinge zu diesem Zweck z.B. in die Hand nehmen müssen.
Nach diesen Durchgangserfahrungen vom unpersönlichen Erleben zu jemandem, der etwas erlebt, ist alles für die Erfindung des Worts "ich" vorbereitet (an dieser Stelle trennen sich die Wege der Menschen von denen der anderen Tiere): Es bezeichnet eine Person und zwar die, die es gerade ausspricht ("du" die angesprochene usw.).
Für Hegel wäre vielleicht auch der Körper irgendein "dieses", auf dessen Besonderheiten es nicht ankommt. Er wäre vielleicht der Ansicht, dass jede Erfahrung die Form "irgendjemand erfährt irgendetwas" hat und jemanden voraussetzt, der sie macht.
Aber kann man eine "Person", die noch nicht wissen kann, dass sie nicht alles ist, als solche bezeichnen? Unter dieser Voraussetzung kann man Hegel recht geben. Aber was bleibt von seiner Auffassung der Erfahrungsform ohne den Unterschied zwischen Betrachter und Gegenstand?
Ist die erste Erfahrung nicht noch unpersönlich? Die zweite ist es nicht mehr. Was spielt das für eine Rolle? Man kommt dann nicht mehr auf die Idee, von einem vermeintlich ursprünglichen Inneren auf ein immer ungewisses Äusseres zu schliessen. (Auch nach Hegel ist das Eine nur durch das Andere gegeben, das aber von Anfang an.)