Je mehr man sich die Welt und das Leben als ein Netz von Zusammenhängen vorstellt, desto nützlicher ist es, zu verstehen, was diese Zusammenhänge ausmacht.
Angenommen, wir reden von einem Blitz auch dann, wenn es anschließend nicht donnert, dann handelt es sich um zwei Ereignisse, die aufeinander folgen können oder auch nicht. Wenn man in diesem Fall nicht von einem Blitz reden möchte, handelt es sich um ein einziges Ereignis, zusammengefasst zu einer Einheit durch den Begriff. Der Blitz gehört dann mit der gleichen Notwendigkeit zum Donner, mit der beim Syllogismus der Schluss aus den Prämissen folgt: Sokrates ist ein Mensch und damit wie gesagt sterblich, denn dass alle Menschen sterblich sind, sagt ja die erste Prämisse. Der Schluss geht über die Voraussetzungen nicht hinaus, sondern wiederholt sie nur in anderer Form und darin liegt seine Sicherheit oder Notwendigkeit.
Und worin könnte die Notwendigkeit eines Zusammenhangs zwischen zwei Ereignissen bestehen?
Eine Möglichkeit wäre, dass wir frei nach Hume einen solchen notwendigen oder kausalen Zusammenhang annehmen, wenn das eine Ereignis nach unseren Beobachtungen immer das andere im Gefolge hat. (Hume redet allerdings nicht in diesem abgewandelten Sinn, sondern gar nicht mehr von Notwendigkeit.) Sobald wir aber feststellen, dass das doch nicht der Fall ist, würden wir sagen: wir haben uns geirrt, es war doch nicht die Ursache, in den früheren Fällen muss etwas anderes die Ursache gewesen sein - es sei denn, bei unserer jetzigen Beobachtung funkt eine andere Ursache dazwischen, die wir noch nicht entdeckt haben. Wobei wir sowohl mögliche frühere als auch eine mögliche überwiegende jetzige Ursache nach den üblichen Kriterien beurteilen würden.
Um Notwendigkeit im gleichen Sinn wie im Fall der begrifflichen Einheit handelt es sich dabei aber nicht, denn die steht und fällt nicht mit Beobachtungen. Wenn man also an diese Art der Notwendigkeit denkt, wird man dazu neigen, zu sagen: das ist doch keine Notwendigkeit! Tausend zufällige Korrelationen ergeben doch noch keinen kausalen Zusammenhang! Gut, aber wenn er nicht darin besteht, worin besteht er dann? Wenn wir einen Begriff mit einem Steckbrief vergleichen und zugeben, dass der Vergleich insofern hinkt, als die Begriffserklärung auch in einer weitgehend wortlosen Demonstration bestehen kann wie die Erklärung des Begriffs "bitter", dass sie uns aber jedenfalls in die Lage versetzen soll, den Täter bzw. den Gegenstand zu identifizieren und wenn wir dann hören, dass die Notwendigkeit eines Zusammenhangs zwischen Ereignissen prinzipiell niemals beobachtet werden könne - sollte das nicht daran liegen, dass wir nichts was wir beobachten als Notwendigkeit anerkennen werden, weil man uns keinen echten Steckbrief an die Hand gegeben hat, sondern nur eine leere Worthülse?
Bei Kant nimmt das dann die Wendung, dass er sagt: wir scheinen ja einiges über jedes Ding aus der "Welt der Erscheinungen" schon zu wissen, bevor es uns begegnet, man kann das auch nicht mit Hellseherei erklären, da sich ein Hellseher alles mögliche vorstellen kann, wir können uns aber auch im Traum oder wenn wir unserer Phantasie freien Lauf lassen, die Welt nicht anders vorstellen als in drei Dimensionen, dieses Rätsel löst sich, wenn wir darin nicht Wissen über die jeweilige "Erscheinung" sehen, sondern eine Erkenntnis über die Struktur unserer Vorstellungen. Und so könnte man in Betracht ziehen, die Notwendigkeit nicht als äußere, sondern als innere aufzufassen, als Drang, Verknüpfungen herzustellen. Das wäre nicht unvereinbar damit, unter einem kausalen Zusammenhang nicht mehr als einen Erfahrungszusammenhang zu verstehen, ob es aber in Kants Sinn wäre, da möchte ich mich nicht festlegen.
Inwiefern kann man sagen, dass Motive unsere Handlungen bestimmen?
Nehmen wir an, zwei Leute sind in der Wüste kurz vorm Verdursten, der eine hat noch eine Flasche Wasser, der andere weiß nichts davon. Wonach beurteilen wir in diesem Fall, wie das weitere Verhalten des Flaschenbesitzers motiviert war? (Vorausgesetzt, es spielen nicht noch andere Umstände eine Rolle, die uns nicht bekannt sind.) Müssen wir dazu irgendwie sein Seelenleben vermessen? Reicht es nicht, zu sehen, was er tut? Würden wir ihm abnehmen, daß er nicht vor allem an sich gedacht hat, wenn er das Wasser nicht geteilt hat? Könnten wir annehmen, daß er vor allem an sich gedacht hat, wenn er geteilt hat? Nur wenn noch weitere Umstände hinzutreten, z. B. der Glaube an Höllenstrafen.
Motive hängen mit unseren Handlungen zusammen, auch wenn sie im Fall einer nicht reflexhaften, sondern durchdachten Handlung nicht unbedingt den Ausschlag geben müssen. Das wissen wir nicht aus Erfahrung, sondern es gilt definitionsgemäss: Umstände, die mit unseren Handlungen zusammenhängen und bei einer eventuellen Entscheidung eine Rolle spielen, nennen wir Motive. Welches Motiv den Ausschlag gegeben hat, beurteilen wir nach der Handlung (müssen wir nicht, wir sind nicht gezwungen, den Ausdruck so zu verwenden, tun es aber wohl). Das würde man auf den Kopf stellen, wenn man sagen würde, dass wir letztlich nur Spielball unserer Motive sind.